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Rap in Peace, Daniel Dumile

Autorenbild: Benjamin LucksBenjamin Lucks

Living off borrowed time, the clock tick faster

That'd be the hour they knock the slick blaster

Dick Dastardly and Muttley with sick laughter

A gun fight and they come to cut the mixmaster

I-C-E cold, nice to be old

Y2G stee twice to threefold


Lange Zeit wusste ich nicht genau, wie ich diese Zeilen, den Song, aus dem sie stammen und ihren Verfasser greifen sollte. Zu komplex schienen diese Texte und zu verwirrend war es, wenn MF Doom plötzlich einen Takt abbrach und erst auf den zweiten Taktschlag wieder weitermachte. Dooms Songs, allen voran vom Album Madvillain, aus dem das kurze Snippet oben stammt, erinnern mich immer ein wenig an kompliziertere Jazz-Stücke: Es ist Musik, die man nicht beim ersten Mal hören verstehen kann.


Über die Freude, Musik mehrmals zu hören

Wann habt Ihr zum letzten Mal ein Lied gehört und wolltet es direkt noch einmal hören? Vieles von dem, was aktuell in den Charts platziert ist, geht so locker weg. Auch wenn ich Trends nicht gerne bewerte und die Lieblingssongs anderer nie als Unsinn abtuen möchte, deutet dieses Charakteristikum moderner Musik dennoch auf etwas hin, das ich gefährlich finde.


Denn während Musik nur noch schnell gestreamt, nur noch nebenbei gehört und nur noch einmal schnell konsumiert wird, rücken auch Künstler*innen und seine/ihre Message in den Hintergrund. Wer am Ende am Mikrofon stand, ist inzwischen nur noch in Interviews und auf Bildern wichtig. Denn da sieht man ihn oder sie und schaut doch mal, wie gut die auch noch aussehen.


Wird man auf diese Art musikalisch erzogen oder erzieht man sich selbst so, verkommt Musik zu einem Knall, den man entweder gerne oder eben ungerne hört. Die Titel verlieren an Inhalt und der Text ist nur noch Tonträger, damit die Standard-Komposition nicht ganz so lahm klingt. Doch kann Sprache dann ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen, Menschen zum Nachdenken anzuregen. Und wer nicht mehr genau hinhört, der will auch keine eigenen Antworten mehr formulieren.


Der maskierte Bösewicht, immer einen Schritt voraus

Genau das ist der Grund, warum mich der Tod von Daniel Dumile kurz vor dem Ende 2020 ziemlich mitgenommen hat. Dabei war ich gar nicht mal der absolute Fan, aber gerade Fan genug, um den Verlust zu verstehen, den viele nur mit unverschämtem Spott über das späte Bekanntwerden seines Todes kommentierten.


Dumile schon sehr früh vielen einen Schritt voraus, so wie es sich für einen Bösewicht eben gehörte. Er war virtuos darin, den Hörer erst einmal vor ein Dickicht an Wörtern und Wortspielen zu stellen und mit Breaks und schrägen Taktwechseln auch noch das Licht auszuknipsen. Wer Dumiles Tracks verstehen wollte, der musste mehrmals hinhören und die Arbeit investieren, die heute immer weniger Menschen leisten wollen.


Das mag einer der Gründe sein, warum plötzlich so viele Künstler ihr Beileid auf Instagram, Twitter und Co. verkündeten. Auch wenn Doom im Mainstream nicht übermäßig bekannt war, war er ein Künstler, der bekanntere Interpreten beeinflusste. Denn wer sich von Dumile hat hinters Licht führen lassen und den Madvillain irgendwann endlich verstanden hat, der konnte auch erkennen, dass er dabei selbst gewachsen ist.


Dumile stirbt, Doom lebt weiter

Aber Dumile war sogar seinem Tod einen Schritt voraus, denn ich glaube nicht, dass wir vor einigen Monaten das letzte Mal etwas von MF Doom gesehen oder gehört haben. Denn Doom war bekannt dafür, Schauspieler oder US-Promis wie Hannibal Buress zu Konzert-Collaborations vorzuschicken. Wer sich dabei nicht genüg mit ihm beschäftigte, der hätte das nicht wirklich erkannt. Dafür war die Maske groß genug.

MF Doom ist am 31. Oktober 2020 nicht gestorben, leider aber einer der vielleicht einflussreichsten Künstler der Rap-Branche. Mit ihm stirbt leider auch einer der Gründe, wegen dem Menschen bei Musik noch ein zweites, drittes und viertes Mal hinhören wollten.


RIP Daniel Dumile, Long live MF Doom. Liebe Grüße, Ben


 
 
 

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